Seit dem Start der Kampagne "Ja zur Grünen Wirtschaft" werden wir förmlich mit Babyfotos bombardiert. "Für Dich" lautet der eingängige Slogan, der uns daran erinnern soll, dass wir unseren Nachkommen eine bewohnbare Erde zurücklassen sollten. Die Berufung auf kommende Generationen ist deshalb bequem, weil sich die ungeborenen Massen noch nicht selbst artikulieren können. So fühlen sich nun plötzlich auch 150 Rentnerinnen berufen, für ihre Ur-Ur-Urenkel eine (juristisch chancenlose) Klimaschutzklage zu erheben: "Ich kämpfe vor allem für die, die nach mir kommen." Wer mit Babys argumentieren will, kann jedoch auch sehr gut für ein "Nein" zur Grünen Wirtschaft werben.
In regelmässigen Abständen veröffentlicht das Bundesamt für Statistik eine Taschenstatistik zum Umweltzustand in der Schweiz. Wer die Zahlen und Diagramme durchstöbert, wird in fast allen Bereichen positive Entwicklungen ausmachen - vor allem auch im Vergleich zu unseren Nachbarländern. Die Umweltpolitik in der Schweiz hat einen hervorragenden Leistungsausweis! Sollen wir nun noch einen Schritt weiter gehen? Sollen wir Umweltnutzung und Umweltschutz nicht nur in eine Balance bringen, sondern darüber hinaus "die Umwelt möglichst wenig gefährden und belasten", wie es die Initiative verlangt? Ein solches Ziel ginge über traditionelle Verständnisse von Nachhaltigkeit hinaus, und bedeutet einschneidenden Verzicht.
Die Antwort darauf hängt, wie die Initianten der "Grünen Wirtschaft" nahelegen, davon ab, welche Welt wir unseren Kindern hinterlassen möchten. Wer möchte, dass seine Kinder auch die Welt bereisen und fremde Kulturen kennenlernen können, dass sie zu Hause auf ein hervorragendes Bildungs- und Gesundheitssystem zugreifen können, dass sie sich für sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze bewerben können, dass sie eine Chance auf Selbstverwirklichung haben... Mit anderen Worten: Wer will, dass seine Kinder nicht auf alles verzichten müssen, was für ausländische Kinder im Jahr 2050 selbstverständlich sein wird, der kann nur mit "Nein" zur Grünen Wirtschaft stimmen.
St.Gallen, 26. August 2016