Diesen Dienstag hat der US Supreme Court die Umsetzung des Klimaschutzplanes von Präsident Obama bzw. seiner Umweltbehörde (EPA) ausgesetzt (NYTimes, NZZ). Damit wurde den eigentlich bescheidenen Klimaschutzambitionen der USA ein grosser Schlag versetzt; die Zusagen der USA an der Klimaschutzkonferenz sind infrage gestellt. Damit stellt sich der Supreme Court auch quer zum Urteil eines Richters am Amtsgericht in Den Haag, welches den niederländischen Staat dazu verurteilte, den Ausstoss von Treibhausgasen bis ins Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken (SRF News). Rechtlich dürften sich die Richter am Supreme Court dennoch auf sichererem Grund befinden. Auch stellt sich erneut die Frage nach dem Plan B der Schweiz im Klimaschutz (siehe schon früher hier).
Gegenstand des Verfahrens vor dem amerikanischen Supreme Court ist der "Clean Power Plan" für Kraftwerke, formell erlassen von der amerikanischen Environmental Protection Agency (EPA). Als Exekutivbehörde muss sich die EPA auf ausreichende gesetzliche Grundlagen stützen können, hier den Clean Air Act §111. Es geht bei diesem Gesetz um den Schutz des Menschen vor Schadstoffen - was CO2 nicht ist. Vor diesem Hintergrund ist fast schon erstaunlich, dass das Gericht im Jahr 2007 zugelassen hat, dass die Behörde CO2-Emissionen überhaupt regulieren darf (Massachusetts v. Environmental Protection Agency, 549 U.S. 497; Wiki). Der Clean Power Plan geht jedoch viel weiter, und hätte einen eigentlichen Umbau der Energiewirtschaft nach sich gezogen. Eine gesetzliche Grundlage zur Regulierung von Schadstoffen ist hierfür nicht ausreichend - der Clean Power Plan wird wohl auch im endgültigen Urteil durchfallen. Das mag in einem Land, dessen Parlament in seiner Funktion beeinträchtigt erscheint, frustrierend sein, ist aber dennoch zu respektieren.
Das niederländische Gericht hat dagegen (selbst?) errechnet, dass die niederländische Regierung mit ihren Massnahmen bis ins Jahr 2020 bloss eine Reduktion der Treibhausgase von 17 Prozent erreichen wird. Nun müssten acht Prozent zusätzlich reduziert werden, um einen ausreichenden Beitrag dazu zu leisten, dass sich die Welt nicht um mehr als 2 Grad erwärmt. Die rechtlichen Grundlagen dafür - soweit ersichtlich verfassungsrechtliche Schutzpflichten des Staates im Bereich des Umweltschutzes - sind vage und damit arg dünn. Aus Schutzpflichten lässt sich weder das - willkürlich gewählte - 2 Grad-Ziel noch ein konkreter Absenkpfad ableiten. Der Richter, so entsteht der Eindruck, hat hier nicht Recht gesprochen, sondern Politik betrieben. Damit schützt er weniger das Klima; vielmehr untergräbt er die Glaubwürdigkeit der Justiz.
St.Gallen, 12. Februar 2016