Mit ziemlichen Tamtam wurde am Dienstag über ein neues Logistiksystem - Cargo Sous Terrain - berichtet, welches den Gütertransport in den Untergrund verlegt und damit das schweizerische Strassen- und Schienennetz ergänzen und an kritischen Punkten entlasten soll (so Blick, NZZ, Tagi, ...). Eine erste Teilstrecke im zentralen schweizerischen Mittelland soll ab 2030 den Raum Härkingen/Niederbipp mit der Zürcher City verbinden. Das sind also 14 Jahre Planungs- und Bauzeit - Man kann das je nach Standpunkt als ambitioniert oder völlig unrealistisch bezeichnen.
Zunächst müsse der Bund ein Gesetz erlassen, welches die Rahmenbedingungen der Nutzung des Untergrundes regle. Alleine dieses Verfahren wird einige Jahre verschlingen, zumal die Kompetenzverteilung nicht völlig auf der Hand liegt. Zwar hat der Bund eine umfassende Kompetenz im Verkehrsbereich, doch kommt die Herrschaft über den Untergrund an sich den Kantonen zu.
Des Weiteren werden wohl ein Sachplan erlassen (Ergänzung des Sachplans Verkehr) und kantonale Richtpläne angepasst werden müssen. Allenfalls sind auch Planungen auf kommunaler Ebene erforderlich. Konzessionen für die neuen Linien müssen vergeben, Plangenehmigungen müssen erteilt und eine mehrstufige Umweltverträglichkeitsprüfung muss durchgeführt werden. Rechtsmittelverfahren schliessen sich an, in denen neben der Linienführung wohl auch allfällige Enteignungen und Enteignungsentschädigungen zu diskutieren sind. Vielleicht führt das Bauen im Untergrund zu weniger Anständen als bei Oberflächenbauten, wer weiss.
Das Projekt soll allein durch private Gelder finanziert werden. Unter den Partnerfirmen finden sich dennoch viele öffentliche Unternehmen. Ich wäre erstaunt, wenn letztlich nicht doch öffentliche Kredite gesprochen werden müssten, für die dann auch finanzhaushaltsrechtliche Verfahren zu beachten sind (inkl. der Möglichkeit des Finanzreferendums in Kanton und Gemeinden).
Angesichts der Planungszeiten für andere Grossanlagen dürfte 2040 ein weit realistischeres Inbetriebnahme-Datum darstellen - wenn alle Gas geben. Damit stellt sich die Frage, ob die langen Planungszeiten als Fluch oder Segen zu betrachten sind: Sind sie ein Hemmschuh für Investoren oder Schutz vor der Anschaffung "weisser Elefanten"?
St.Gallen, 29. Januar 2016