Wer viel Zug fährt, wird diese Tage oft auf die Kampagne "Wir bauen Energiezukunft" stossen. Die Plakate wurden vom staatlichen Programm energieschweiz zusammen mit der Bauwirtschaft in Auftrag gegeben. Die Kampagne steht offensichtlich im Zusammenhang mit einer Reihe von jüngeren energiepolitischen Massnahmen. Die Beteiligung von Privaten an der Kampagne erstaunt nicht, weil die Baubranche ja in ganz erheblichem Ausmass von energiepolitischen Massnahmen profitiert: Mit dem Gebäudeprogramm hat der Bund seit dem Jahr 2010 Gebäudesanierungen mit gut 1 Mia. Franken unterstützt - Geld, das die Bauwirtschaft gerne entgegen nimmt. Die Kampagne ist insgesamt gut gemacht und hat auch Lob von BR Leuthard erhalten (siehe tweet unten). Was mir die Kampagne als Bürger vermitteln will, ist dagegen weniger offensichtlich.
Früher war ja alles noch klarer. Adolf Ogi hat mit dem legendären Eierkochen-Fernsehspot das Programm Energie2000 ins Leben gerufen, den Verläufer der heutigen Energieschweiz. Den Schweizern zu erklären, wie beim Kochen Energie gespart werden kann, erschien damals sinnvoll und war noch dazu gratis (Wie David Thiel am ElCom-Forum 2015 süffisant bemerkt hat, ist angesichts der heutigen Stromschwemme weit weniger ersichtlich, wieso Energie gespart werden sollte, aber item). Heute fliessen 55 Mio. Franken in das Erziehungsprogramm "energieschweiz", dem offenbar langsam die griffigen Botschaften ausgehen. Die Webseite der Kampagne erklärt sich wie folgt: "Ziel ist eine indirekte Unterstützung der Baubranchen bei der Rekrutierung neuer Fachkräfte und die Motivation der bereits aktiven Berufsleute für die kontinuierliche Weiterbildung im Energiebereich." Das steht allerdings nicht auf dem Plakat, welches vor allem als Imagewerbung qualifiziert werden kann.
Es wäre nicht völlig aus der Luft gegriffen, das Plakat als politische Werbung für die Energiestrategie 2050 anzusehen; in diesem Fall wäre die Kampagne rechtswidrig. Doch auch als Imagewerbung ist die Kampagne fragwürdig. Das Energiegesetz erlaubt dem Bund lediglich die Information und Beratung der Öffentlichkeit "über die Sicherstellung einer wirtschaftlichen und umweltverträglichen Energieversorgung, die Möglichkeiten einer sparsamen und rationellen Energienutzung sowie über die Nutzung erneuerbarer Energien." Nichts davon lässt sich aufgrund des Plakats erahnen und nichts davon deckt sich mit dem deklarierten Ziel der Werbekampagne. Die Rechtsgrundlage der Kampagne ist damit äusserst dünn. Was auch immer sie kostet - das Geld wäre an anderer Stelle besser eingesetzt.
St.Gallen, 22. Januar 2016