Aus Anlass eines neuerlichen Vortrags meiner Antrittsvorlesung vom letzten Jahr ("Die Glühbirne – Lucifer neuer Zeiten") konnte ich auch mein Manuskript etwas aktualisieren. Am 15. April 2014 habe ich unter anderem beklagt, die Energieverordnung würde mehr als einmal pro Jahr ändern (23mal) und sei von 22 auf 162 Seiten angewachsen. Ein Jahr später haben drei weitere Revisionen stattgefunden und wir sind bei 186 Seiten. Vermutlich wäre dies für sich allein verkraftbar, wüsste man nicht, dass die Regulierungsflut auch in vielen anderen Bereichen der Wirtschaft unüberblickbar und untragbar geworden ist (siehe schon früher hier). Die verfassungsrechtlich verlangte Rechtssicherheit ist nicht mehr gewährleistet.
Die Effizienzvorschriften erfassen mittlerweile neben den Glühlampen weitere 21 Gerätekategorien. Während Regelungen für den Standby-Betrieb durchaus sinnvoll erscheinen, finden sich auch Schmankerl darunter, die sich direkt auf unser persönliches Wohlbefinden auswirken dürften: So etwa Vorschriften für "Komfortventilatoren" (Klimaanlagen in Wohnbauten sind ja ohnehin grundsätzlich verboten) und Staubsauger. Letztere werden nun kontinuierlich in ihrer Leistung reduziert, von heute gebräuchlichen 2400 W auf 900 W. Die Experten sagen uns, dank technischen Innovationen (Zyklon-Saugtechnik) würden die schmalbrüstigen Staubsauger genauso gut saugen wie heutige Staubsauger. Nach den Erfahrungen mit der Qualität der Energiesparlampe mag man nicht mehr so recht daran glauben.
Schon in der europäischen Pipeline sind Effizienzvorschriften für Spielkonsolen. Gemäss Berichten werden diese durch die Effizienzanpassungen rund 10% teurer, also rund EUR 40. Demgegenüber sollen in Deutschland Stromeinsparungen im Wert von 1.30 Euro pro Jahr stehen. Eine solche Effizienzvorschrift ist ökonomisch unsinnig. Ich warte nur darauf, dass die Kochkiste wieder eingeführt wird, mit der meine Tante nach dem 2. Weltkrieg Essen zu Ende gegart hat, um Energie zu sparen. Die Bürokraten verwechseln – wie dies auch in der Schweizer Energiepolitik oft geschieht – Sparsamkeit mit Effizienz. Sparsamkeit ist für sich allein jedoch noch keine Tugend; nur Verschwendung ist verwerflich.
St.Gallen, 19. Juni 2015