Dass stabile Rahmenbedingungen zentral für eine Marktwirtschaft sind, wissen wir spätestens seit Walter Eucken in den Fünfzigerjahren seine "Grundsätze der Wirtschaftspolitik" formulierte. Negative Erfahrungen mit wirtschaftspolitischen Experimenten veranlassten ihn, explizit zu sagen, was an sich bekannt war. So gibt es seit jeher rechtliche Instrumente, die Investitionen schützen und langfristige Planungshorizonte sichern, z.B. die bis zu 80 Jahre dauernden, gesetzesbeständigen Wasserrechtskonzessionen in der Energiewirtschaft.
Ausgerechnet Energieunternehmen müssen heute erhebliche Rechtsunsicherheiten beklagen. Bis vor kurzem durften sie annehmen, dass das Stromversorgungsgesetz total revidiert würde, bevor grundlegende Rechtsfragen rechtskräftig entschieden sind. Das sich ebenso in Totalrevision befindliche Energiegesetz von 1998 hat schon elfmal, die zugehörige Verordnung gar 25 Mal geändert (mehrmals im Jahr, und der Umfang wuchs von 22 auf 180 Seiten).
Die absurd häufigen Anpassungen verleiten zur Annahme, dass Bundesrat und Parlament die Energiewirtschaft so gestalten wie ein absolutistischer König seinen Barockgarten. Die mit dem Staat noch immer eng verbandelte Energiewirtschaft tritt dem aber nicht entgegen; vielmehr sucht sie Rettung in wettbewerbsverzerrenden staatlichen Subventionen.
Sie sollte besser eine Wiederherstellung von langfristig tragfähigen Rahmenbedingungen fordern: Wer das CO2-Problem als prioritär ansieht (mit Blick auf Deutschland nicht selbstverständlich), wird für die Schweizer Energiewirtschaft kein wertvernichtendes Anpassungstempo verlangen können. Verfassungsrechtlich geboten wäre ein schrittweises Vorgehen, das Fehlerkorrekturen ermöglicht und Investitionen in volkswirtschaftlich wertvolle Anlagen schützt.
Stattdessen raten die Unternehmensberater der Branche, ihre verlustbringenden Produktionsanlagen (an den Staat?) abzustossen und sich alle zu Energiedienstleistern zu mausern. Dieses gelobte Land ist jedoch nicht unberührt, sondern schon von konkurrenzfähigen Unternehmen besiedelt. Der Letzte, der aus der eigentlichen Elektrizitätsproduktion aussteigt, wird das Licht nicht selber löschen müssen.
Dieser Beitrag erschien in der Mai-Ausgabe des VSE-Bulletin, der führenden Schweizer Fachzeitschrift für Elektrotechnik und Elektrizitätswirtschaft.