Nach einer langen Reihe von Bundesgerichtsentscheiden zur unmittelbaren Geltung des Zweitwohnungsartikels (Art. 75b BV) ist am 27. März 2014 wieder ein Entscheid zu anderen Steuerungsversuchen in diesem Bereich ergangen: In BGer 2C_1076/2012 hat das Bundesgericht zur Zulässigkeit einer Steuer auf Zweitwohnungen Stellung genommen und diese bejaht. Danach kann von Eigentümern von Zweitwohnungen eine jährliche Abgabe von 2 ‰ des Vermögenswertes der Zweitwohnung verlangt werden (bei einem Wert von CHF 1'000'000 also jährlich CHF 2'000 zusätzlich zu anderen Steuern). Nicht steuerpflichtig sind die Eigentümer, die ihre Wohnungen touristisch bewirtschaften, also Dritten zur Verfügung stellen. Mit diesem faktischen Bewirtschaftungszwang soll den "kalten Betten" entgegengewirkt werden und die Nutzung der Zweitwohnung von durchschnittlich 30-40 Tagen im Jahr auf 150-200 Tage im Jahr gesteigert werden.
Der Entscheid erscheint als Zwangsvariante der "sharing economy" und ist rechtlich nicht besonders überraschend. Das Bundesgericht hat die Bemühungen der Berggemeinden zur Eindämmung der "kalten Betten" regelmässig unterstützt. Bei nicht selbst genutzten Hauptwohnungen in Ferienorten hat das Gericht einen effektiven Vermietungszwang als rechtmässig beurteilt (BGE 135 I 233). In BGE 117 Ia 141 hat es eine Anordnung, mindestens 80 m2 einer Wohnung als Erstwohnung zur Verfügung zu stellen, geschützt, obwohl der Eigentümer dann nur noch 14,4 m2 der Wohnung für sich selbst nutzen konnte. In BGer 2P.190/2006 wurde eine Ersatzabgabe von 20% des Kaufpreises (konkret CHF 246'000) bei Entlassung einer Wohnung aus der Erstwohnungspflicht als rechtmässig angesehen.
Massstab für die Prüfung dieser Massnahmen ist vor allem die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV). Diese schützt das Recht, sein Eigentum in den Schranken der Rechtsordnung frei zu nutzen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht selbstverständlich, dass die als Ferienwohnung gedachte eigene Liegenschaft nicht als solche genutzt werden kann. Auch würde man im allgemeinen Sprachgebrauch die faktische Pflicht, die eigene Ferienwohnung mit anderen zu teilen ("touristische Bewirtschaftung"), nicht ohne weiteres mit "Eigentum" verbinden. Dennoch sieht das Bundesgericht die obigen Massnahmen ohne weiteres als mit der Eigentumsgarantie vereinbar an. Das öffentliche Interesse an der Begrenzung kalter Betten sei ausgewiesen; ein Bewirtschaftungszwang sei auch geeignet und notwendig, dieses Ziel zu erreichen. In diesem Zusammenhang sind jedoch weiterführende Überlegungen angebracht:
- Ob die Zweitwohnungssteuer das angestrebte Ergebnis erreicht, kann an sich nur in einer Evaluation der Massnahme festgestellt werden. Zeigt sich, dass das Ziel nicht erreicht werden kann, so stehen bei der Steuer plötzlich nur noch finanzielle Interessen der Gemeinde im Vordergrund, was hier vor allem Fragen der Gleichbehandlung (der Ortsansässigen und Ortfremden) aufwirft. Über die Frage der tatsächlichen Wirkungen der Massnahme geht das Bundesgericht aber im Wesentlichen hinweg und begnügt sich mit einer Plausibilitätsprüfung. Eine spätere Evaluation des Erlasses ist nicht vorgesehen, sodass die Steuer wohl bleibt, selbst wenn sie sich als unwirksam erweist.
- Raumplanerische Massnahmen wie die vorliegende sind Ausdruck eines Trends zu einer dichteren und immer detaillierteren Regelung der Nutzung des Grundeigentums. Die Raumplanung hat die ursprüngliche Ausrichtung auf Brandschutz, Wohnhygiene und Nachbarsschutz in den letzten Jahrzehnten verlassen und ist heute auch als Instrument der Sozialgestaltung anzusehen. Dies zeigt sich einerseits an der Aufnahme energie-, umwelt-, verkehrs- und sozialpolitischer Anliegen in der Raumplanung. Andererseits manifestiert sich der Trend zur raumplanerischen Sozialgestaltung auch im verstärkten Aufkommen "kooperativer Planung", in der zusätzliche Geschosse und zusätzliche Ausnutzung nur als Gegenleistung für das Erfüllen politischer Vorgaben gewährt werden. Die Eigentumsgarantie, in der Juristen eigentlich immer noch eine "Baufreiheit" sehen, zieht dem Staat hier offenbar kaum Schranken.