Wenn Helmut Stalder schreibt, Kernkraftwerke seien in der Schweiz nicht ökonomisch rentabel und politisch chancenlos, so hat er zweifellos recht (NZZ vom Mittwoch). Wenn er aber schreibt, die Aufregung der "Atombefürworter" über das nun kommende gesetzliche Technologieverbot sei übertrieben, so liegt er ebenso zweifellos falsch.
Ist die Änderung des Kernenergiegesetzes "irrelevant", weil sie an den Zustimmungserfordernissen für ein Kernkraftwerk - Gesetzesänderungen wie auch Rahmenbewilligungen unterstehen dem fakultativen Referendum - nichts ändert? Ich habe Zweifel, dass sich der "Sperr-Paragraf" so leicht beseitigen liese, wenn es zu einem Durchbruch in der Reaktortechnik käme. Es scheint ziemlich unrealistisch, dass die harten "Atomgegner" ein "sicheres" Kernkraftwerk der IV. oder V. Generation in der Schweiz dulden würden. Die Erfahrungen mit der Biotechnologie zeigen vielmehr, dass sich ein forschungs- und innovationsfeindliches Denken nicht einfach mit Verweis auf "neue wissenschaftliche Erkenntnissse" ausradieren lässt.
Zu sehr sind Teile der "Atomgegner" einem bukolischen Weltbild verhaftet, welches mit einer Emanzipation des Menschen von der Natur nicht vereinbar ist. Schon allein die Perspektive auf eine ergiebige und kostengünstige Energiequelle hat in ihrer Welt der Entbehrung und des Verzichts keinen Platz. Erlösung erlangt die Menschheit nur durch Suffizienz. Da kommt es gerade recht, wenn das geänderte Kernenergiegesetz nicht nur Anlagen zur Kernspaltung, sondern gleich auch die Kernfusion verbietet. In der Quintessenz gilt für jede Regulierung: "Nützt sie nichts, so schadet sie!"
St.Gallen, 3. Februar 2017