Regulatorische Eingriffe sollten nur bei positivem Kosten-Nutzenverhältnis erfolgen. Die Einhaltung dieses Erfordernisses prüft die sogenannte "Regulierungsfolgenabschätzung". Dieses Instrument, so ein Artikel von Jan Flückiger vom Donnerstag, werde im politischen Alltag viel zu wenig eingesetzt. Da die Verwaltung meist ein Interesse an der Verabschiedung der Regulierung habe, sei ihr Interesse an einer kritischen Auseinandersetzung damit gering.
Würde hier Abhilfe geschaffen, wenn jede Regulierung durch eine unabhängige private Stelle geprüft würde? Leider bin ich mir da nicht so sicher. Zwar ist jede verwaltungsexterne Prüfstelle rechtlich gesehen unabhängig, doch gerät sie durch die Zusammenarbeit mit der Verwaltung automatisch in ein Abhängigkeitsverhältnis. Wer regelmässig Studien für die Verwaltung durchführt, wird die erwarteten Einnahmen entsprechend budgetieren und die vermutlich notwendigen Kapazitäten bei der Personalplanung einrechnen. Eine unabhängige Beratungsfirma kann so faktisch weit abhängiger von der Verwaltung sein, als ein verwaltungsinterner Angestellter mit einer zugesicherten institutionellen Unabhängigkeit. Dabei muss die Firma gar nicht methodisch unredlich handeln: Es genügt schon, wenn im Zweifel Wertentscheide bei der Folgenabschätzung zugunsten der Verwaltung gefällt werden, oder wenn die Unsicherheiten in der Datenlage verwaltungsfreundlich interpretiert werden.
Unabhängig ist eine externe Regulierungsfolgenabschätzung nur, wenn die Auftragsvergabe in zwei Phasen erfolgt: In einer Qualifikationsphase werden geeignete Firmen für solche Studien einfach nur gelistet, allenfalls differenziert nach Fachgebieten. Die eigentliche Auftragsvergabe erfolgt dann durch zufällige Auswahl einer der im Pool verfügbaren Firmen. Indem die wiederholte Zusammenarbeit nicht abhängig ist von früheren Studienresultaten, werden die infragekommenden Firmen einigermassen von politischen Einflüssen isoliert. So wird die Folgenabschätzung nicht zu einer blossen Zweckübung.
St.Gallen, 10. Februar 2017