Im Zusammenhang mit der NoBillag-Initiative wird häufig argumentiert, das auch die privaten Medien mit Gebührenanteil unter einer Annahme stark leiden und allenfalls gar verschwinden würden. So entstand jüngst der Eindruck, die CVP Graubünden habe sich vor allem deshalb einstimmig gegen die Initiative gewendet, weil bei Annahme nicht nur ca. 25 Mio. Franken für die SRG-Regionalbüros verloren gingen, sondern auch ca. 7 Mio. Franken für den Betrieb von Radio und TV Südostschweiz. Das Argument ist aus zwei Gründen kaum haltbar:
Zum einen kann eine Ausgabe von 1'370.3 Mio. Franken (geschätzt 2019) nicht damit gerechtfertigt werden, dass davon 25 bzw. 7 Mio. Franken in den eigenen Kanton fliessen (1,8% bzw. 0,5%). Die Ausgabe muss vielmehr in Kosten und Nutzen gesamthaft als wohlfahrtsfördernd erscheinen; dabei ist klar, dass ein solcher Entscheid stark von politischen Wertungen abhängt. Die Höhe einer Mediensubvention sollte daher immer vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber getroffen werden, unter Abwägung mit dem Ressourcenbedarf anderer staatlicher Aufgaben.
Zum anderen verbietet NoBillag tatsächlich dem Bund, Radio- und Fernsehstationen zu betreiben oder zu subventionieren. Das schliesst aber ein kantonal unterstütztes Service-Public-Angebot nicht von vornherein aus. Zwar wird die Bundeskompetenz bei den elektronischen Medien heute mehrheitlich als "ausschliesslich" qualifiziert, wodurch kantonale Regelungen in diesem Bereich nicht möglich wären. NoBillag verbietet jedoch exlizit den Erlass einer Bundesgesetzgebung hinsichtlich des audiovisuellen Service Public. Dadurch dürften die kantonalen Kompetenzen in diesem Bereich wieder aufleben. Gerade in einem förderalen Staatswesen könnte es sich lohnen, über eine stärkere Förderung der politischen Information in den Regionen nachzudenken. Diese Förderung über kantonale Gesetze oder Konkordate wäre freilich weiterhin strikt "staatsfern" - vom kantonalen Gesetzgeber - zu organisieren. Es könnte das erste Mal in der Geschichte des Bundesstaates sein, dass sich die Kantone eine "Aufgabe" zurückholen.
St.Gallen, 3. November 2017