Das postfaktische Zeitalter hat die Politik erreicht, nicht einmal unvermutet: Es ist soviel einfacher, Gutes zu bewirken, wenn wissenschaftliche Grundlagen ignoriert werden und das Resultat politischer Massnahmen gefühlsmässig dem entspricht, was man gefühlsmässig damit erreichen wollte. So auch bei den Wegwerfsäcklein aus Plastik.
Dominique De Buman hat lange gegen die Wegwerfsäcklein kämpfen müssen. Seine Motion 08.3438 wurde noch abgeschrieben, weil sich zwei Jahre lang niemand für das Anliegen interessieren konnte. Seine Motion 10.3850 mit dem Titel "Stopp der Verschmutzung durch Wegwerf-Plastiksäcke" war erfolgreicher; sie wurde 2012 von beiden Räten angenommen und der Weg zum Plastiksackverbot war geöffnet. Nur dumm, dass die von Dominique De Buman angerufene Gesetzesgrundlage (Art. 30a USG) ein Verbot von Produkten nur zulässt, wenn diese punkto Umweltbelastung tatsächlich schlechter sind als die Alternativen. Und das ist vorliegend nicht der Fall: Wie eine Studie zeigte, sind die Plastiksäcke weit umweltfreundlicher als Säcke aus Stoff und Papier. Was nun? Steht die Wissenschaft den verfestigten Auffassungen der Parlamentarier entgegen, so sind die gesetzlichen Grundlagen eben so zu ändern, dass die Wissenschaft nicht mehr massgeblich ist.
Dieser letzte Schritt ist dem Bürger erspart geblieben. Die Wegwerfsäcke an der Ladenkasse sollen künftig 5 Rappen kosten. So hat jedenfalls die Branche in einer privaten Vereinbarung entschieden. Der Gesetzgeber scheint mit dem gesetzten Vermeidungsanreiz zufrieden: Wer den 5-Räppler nicht ehrt, ist den Franken nicht wert. Seine gesetzgeberischen Absichten verfolgt er nun nicht mehr weiter. Ein Sieg für die Vernunft, wenn auch mit sehr schalem Nachgeschmack.
St.Gallen, 23. September 2016