Am Mittwoch hat die SNB die erste Banknote der neuen Serie präsentiert: Die 50er-Note. Die Präsentation stiess auf ein erhebliches Medienecho. Kaum etwas scheint Schweizerinnen und Schweizer so sehr zu bewegen wie die Gestalt ihres Geldes. In Zeiten der unorthodoxen Geldpolitik hat die Einführung einer neuen Banknotenserie etwas beruhigendes: Die im Euroraum diskutierte Abschaffung des Bargeldes scheint in der Schweiz noch nicht unmittelbar bevorzustehen. Auch der neue 50er lässt sich leicht unter der Matratze verstauen, sodass die Negativzinsen wenigstens im Gedankenspiel noch vermieden werden können. Die neue Banknotenserie teilt mit dem Euro aber dennoch eine Gemeinsamkeit: Die Noten zeigen keine Persönlichkeiten.
Immerhin ist die SNB nicht soweit wie die EZB gegangen, welche nur noch fiktive Motive der Architektur auf ihren Banknoten zeigt. Die EZB konnte offenbar nur so "die Gleichstellung von Mann und Frau berücksichtigen und jede Art nationaler Voreingenommenheit vermeiden". Die Welt kennt keine langweiligere und unbeseeltere Notenserie als die des Euros. Natürlich birgt die Darstellung von Persönlichkeiten Risiken. Eine politisch korrekte Serie mit echten Menschen dürfte fast unmöglich zusammenzustellen zu sein; ich jedenfalls wüsste nicht, wie auch die LGBT alle berücksichtigt werden könnten (für LGBTTQQIAAP - lesbian, gay, bisexual, transgender, transsexual, queer, questioning, intersex, asexual, ally, pansexual - hätte es nicht einmal genügend Denominantionen). Auch dürften kaum Menschen auffindbar sein, welche die Schweiz prägten und sich zugleich eine weisse Weste bewahrten. Jede Auswahl dürfte entsprechend "Entsetzte", "Fassungslose" und "Empörte" verschiedenster Couleur auf den Plan rufen. Sinnvoll erscheint mir das bedingungslose Appeasement der Aufgeregten jedoch nicht. Ich hätte mir eine mutigere Banknotenserie gewünscht; eine, die die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nicht vermeidet, sondern sie fördert.
St.Gallen, 8. April 2016