Die unter dem Label swissmilk auftretende Branchenorganisation Milch ("Schweizer Milchproduzenten SMP Genossenschaft") hat mir jüngst eine Plastiktüte zugesendet. Danke, swissmilk, ich hatte fast keine Tüten mehr zu Hause! Mit dieser Werbeaktion bedankt sich swissmilk dafür, dass ich Schweizer Milchprodukte geniesse. Meine Treue soll belohnt werden. Doch kann von Treue gesprochen werden, wenn diese erzwungen ist?
Dem Agrarbericht 2014 lässt sich entnehmen, dass bei der vermarkteten Milch die Grenze faktisch dicht ist: Bloss 0,8% der Milch stammt aus dem Fürstentum Liechtenstein und aus den - nur versorgungspolitisch zugelassenen - Freizonen rund um Genf. Auch bei Jogurt, Quark, Rahm und Butter sind die Importe vernachlässigbar. Einzig beim Käse gibt es einen nennenswerten Austausch über die Grenze. Der Schweizer Milchmarkt wird ansonsten rigoros abgeschottet. Aufgrund der Schweizer Zölle liegen die Produzentenpreise in der Schweiz weit über dem Niveau in der EU: Bei der Milch rund die Hälfte höher als in den Nachbarländern. Für die Konsumenten bewegen sich die Preise in den Nachbarländern bei Milch und Milchprodukten zwischen 37% und 90% der Schweizer Preise.
Doch nicht nur mein Konsum von Schweizer Milch ist erzwungen. Ein Sechstel des Budgets der SMP finanziert der Bund, also der Steuerzahler. Das Geld wird für "Selbsthilfemassnahmen" wie die vorliegende verwendet ("Basismarketing Schweizer Milch"). Über eine besondere Gesetzeskonstruktion müssen sodann auch diejenigen Milchbauern das Marketing finanziell mittragen, die gar nicht Mitglieder des SMP sind. Hat ein Bio- oder Bergbauer mit völlig anderen Positionierungsbedürfnissen überhaupt Interesse an einem "Basismarketing"? Egal. Für den Konsumenten werden sich die Zuschläge für Milch- und Käsemarketing irgendwann auch in den Preisen niederschlagen. So darf man vermuten, dass jeder von uns seine Plastiktüte* selbst finanziert hat. Danke, Swissmilk!
St.Gallen, 31. Juli 2015
* Entweder die Tüte oder eine andere Marketingmassnahme. Auf der Tüte sind diverse Werbepartner aufgedruckt, deren Beiträge an dieser Werbemassnahme unklar bleiben. Für die einzelnen Werbekampagnen von swissmilk kann daher kaum eruiert werden, wieviele dieser Sponsoringbeiträge tatsächlich von Unternehmen stammen, die echtem Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind.