Vorgestern konnte ich eine lange erwartete Bücherbestellung bei der Post abholen, allerdings erst nach Bezahlung der vom Zoll verlangten CHF 5.80. Bei dem Betrag handelte es sich freilich um Mehrwertsteuer und nicht um Zölle; der Internethändler hatte die Büchersendung leider unglücklich gebündelt, was den Warenwert der Sendung über die "Freigrenze" von CHF 200 hebelte. Ärgerlich nicht wegen des Betrags, sondern weil man dafür extra zur Post muss.
Rechtlich handelt es sich bei den CHF 200 ohnehin nicht um eine "Freigrenze", doch werden Mehrwertsteuerbeiträge unter CHF 5 aus "verwaltungsökonomischen Gründen" nicht erhoben (Bücher unterliegen dem reduzierten Satz von 2,5%). Hätte ich die Bücher selbst über die Grenze transportiert, wären sie aufgrund der Wertfreigrenze von CHF 300 abgabefrei gewesen. Man kann sich auch bei CHF 5.80 fragen, ob die Veranlagung dieses tiefen Betrages Sinn macht.
Jedoch will das Personal der Zollverwaltung beschäftigt sein; das Kerngeschäft liegt schon lange nicht mehr in der Veranlagung von Zöllen. Die Zölle machen magere 4,5% der durch die Zollverwaltung generierten Einnahmen aus, und nur noch 1,6% der Gesamteinnahmen des Bundes (siehe die Aufstellung unten). Der Schweizer Generaltarif als Kernstück des "Zollwesens" ist dennoch immer noch derart umfassend, dass er in der Gesetzessammlung nicht publiziert wird (Anhang 1 Zolltarifgesetz). Die Tarifbestimmungen sind kaum ohne elektronische Hilfmittel bewältigbar. Der als pdf abrufbare Generaltarif umfasst 631 klein bedruckte Seiten. Wer den bescheidenen Zolleinnahmen den grossen Vollzugsaufwand und die Belastung für Unternehmen und Konsumenten gegenüberstellt, wird sich schnell einmal fragen, ob sich das ganze Tamtam noch lohnt. Vermutlich hat nur noch die Landwirtschaft Freude an diesem Grenzschutz: Vor allem die Bauern profitieren von der Abschottung der Schweizer Märkte durch Zölle und von den daraus resultierenden hohen Preisen.
St.Gallen, 24. Juli 2015
Wer in die Staatsrechnung 2014 blickt, der findet bei der eidgenössischen Zollverwaltung einen Betrag von CHF 1'068 Mio. als erhobene Einfurzölle verbucht. Die restlichen Einnahmen von CHF 11'803 Mio. machen verschiedene Steuern aus; dazu kommt gemäss Mehrwertsteuerstatistik (2012) ein Betrag von CHF 11'913 Mio, der als Mehrwertsteuer (Einfuhrsteuer) veranlagt wurde. Die Gesamteinnahmen des Bundes betragen CHF 64'877 Mio. (ordentlicher Ertrag).