Letzten Samstag Abend informierte mich die E-Mail einer grossen Wirtschaftskanzlei in Zürich über einen Anlass zur "Karriere im Bank-, Finanz- und Kapitalmarktrecht". Natürlich richtete sich die Einladung zu diesem Anlass nicht an mich, sondern an meine Assistenten. Deren Namen und E-Mail-Adressen würde man in den nächsten Tagen der Uni-Website entnehmen, um die Einladung zu versenden. Diese Datensammlung stört mich etwas. Trotz des unumgänglichen (wie auch rechtsunwirksamen) Verbots in der Signatur des E-Mails ("This e-mail has been sent by a law firm. It is confidential and may be privileged. Only the intended recipient may read, copy and use it.") möchte ich meinem Unmut etwas Luft machen.
Beginnen könnte man mit der Frage, ob die angekündigte Datenbeschaffung und die folgenden Bearbeitungsschritte mit den Grundsätzen des DSG vereinbar sind. Schliesslich wurde das Einverständnis der betroffenen Mitarbeiter vermutlich nicht eingeholt. Auch liegt der Zweck der Uni-Website offensichtlich nicht darin, Rechtsanwaltskanzleien die Rekrutierung von hervorragenden Mitarbeitern zu erleichtern. Weiter müsste man sich überlegen, ob der Versand dieser Einladung an alle "Hilfsassistenten, Assistenten und Doktoranden an themenverwandten Lehrstühlen Deutschschweizer Universitäten" nicht als unlautere Massenwerbung ("Spam") qualifiziert werden könnte. Jedoch gibt es zu diesen zwei Rechtsfragen sicherlich ein ausführliches Memorandum, das die Zulässigkeit des geschilderten Vorgehens ohne Disclaimer bestätigt, sodass ich mich nicht näher damit auseinander setzen muss.
Allerdings könnten die Assistenten die unaufgeforderte Kontaktaufnahme als etwas aufdringlich empfinden, sodass ich gerne auf folgende Alternativen hinweisen möchte: Wer sich nur finanziell engagieren möchte, ist gerne eingeladen, ein juristisches Skriptum zu sponsern oder gar einen Hörsaal. Wer mit der grossen Kelle anrühren möchte, könnte gar einen Lehrstuhl ins Leben rufen (z.B. den "XY-Lehrstuhl für Finanz- und Kapitalmarktrecht"?). Sodann verfügen die Studierendenvereinigungen SLESS und ELSA über mehrere Sponsoren, die sich bei Veranstaltungen in Szene setzen dürfen. Plattformen für das Recruiting bieten schliesslich viele, just dafür geschaffene Veranstaltungen an der Universität. Die Möglichkeiten des Sponsorings sind so vielfältig, dass uns einige Kollegen schon eine "hemmungslose Ökonomisierung der Wissenschaft" vorwerfen.
Als Botschafter einer erfolgreichen Kanzlei werden vor allem diejenigen Anwälte wahrgenommen, die sich weiterhin an der Universität als Lehrbeauftragte engagieren. Voraussetzung hierfür ist natürlich die Promotion (siehe schon früher hier: "Dr.iur., wozu?"). In diesem Zusammenhang nehme ich erfreut den Satz im E-Mail zur Kenntnis, "dass wir diesen möglichen Kandidaten bestätigen, dass wir die Zeit an einem Lehrstuhl, die akademische Arbeit bis hin zu einer Dissertation für überaus wertvoll erachten." Hier ist an sich nichts beizufügen, ausser, dass es mit der Dissertation gar nicht unbedingt enden muss. In diesem Sinne wünsche ich einen erfolgreichen Recruiting-Anlass!
St.Gallen, 20. März 2015
Nachtrag: Über den Inhalt dieses Blogs wurde in der anschliessenden Woche ein sehr freundliches Telefongespräch geführt, in welchem die gegenseitigen Position etwas diskutiert wurden.