Nachstehend findet sich eine gekürzte Fassung meiner Antrittsvorlesung vom 15. April 2014 (Slides zum Vortrag). Der Vortrag bildet einen ersten Beitrag zur Energieforschung im Rahmend der von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) eingerichteten, schweizerischen Energieforschungszentren (SCCER CREST, EGI-HSG).
Zum Titel
Wer die Bibel nur in groben Zügen kennt, sollte wahrscheinlich Referenzen auf den Lucifer unterlassen. Ziemlich sicher bin ich aber nicht der Einzige, der den Titel seiner Antrittsvorlesung festgelegt hat, bevor er die Recherche des Themas an die Hand genommen hat. Zu verlockend erschien mir vor einigen Monaten die Doppeldeutigkeit des "Lucifers", der einerseits den "Lichtbringer", andererseits aber auch den "Teufel" bezeichnet. Und zu schön erschien die sich daraus ergebende Parallele, nämlich der Bann des Lucifers aus dem Himmel und das Verbot der Glühbirne. Dem ignoranten Rechtswissenschaftler offenbart sich bei der Quellensuche aber sehr schnell, dass Lucifer erst im Mittelalter mit dem Satan gleichgesetzt wurde. Frühe Christen hielten Lucifer gar für einen Beinamen von Jesu Christi. Auch die hier wiedergegebene Referenz auf Jesaja 14, Vers 12-15, bezieht sich nicht direkt auf den Teufel, sondern thematisiert den Hochmut des Königs von Babel. Es geht in diesem Kapitel der Bibel also um Hybris, wie es mein Kollege Fassbender vor einem Monat an seiner Antrittsvorlesung schön umrissen hat. Der Glühbirne kann jedoch nicht Hybris vorgeworfen werden – sie war nicht hochmütig, sondern bescheiden, und das trotz all ihrer Verdienste. Entsprechend sei hier ein Disclaimer angebracht: Wir machen hier heute keine Theologie, sondern Recht. Die Analogien, die gezogen werden können, sind beschränkt.
Im Zusammenhang mit den rechtlichen Massnahmen, die ich hier stark verkürzt als das "Verbot der Glühbirne" bezeichne, möchte ich Aspekte herausgreifen, die Bedeutung für die Energiewende als Ganzes haben könnten. Nachgehen müssen wir zunächst den näheren Gründen für das Verbot, auch wenn diese nicht rechtlicher Natur sind. Im Anschluss wenden wir uns der rechtlichen Umsetzung und dem verfassungsrechtlichen Rahmen des Verbots zu um danach mit einigen allgemeinen Schlussfolgerungen für die Energiestrategie 2050 zu enden.
Umstände, die zum Verbot der Glühlampe führten
Sie sehen hier das Patent, das Thomas Edison am 27. Januar 1880 für die Glühlampe erhalten hat. Die Glühbirne ist jedoch eine technologische Meisterleistung, die nicht nur Edison zugeschrieben werden kann. Im Gegenteil haben viele Forscher an der Glühbirne getüftelt, was das grosse Bedürfnis nach der Erzeugung künstlichen Lichts nur unterstreicht. Anekdotisch zitiert sei hier ein Kurzgedicht von Goethe, in dem er sich über das ständig notwendige Kürzen des Dochts bei Talgkerzen beklagte: "Wüßt’ nicht, was sie Besseres erfinden könnten, Als wenn die Lichter ohne Putzen brennten!" Nun, die Glühbirne ist diese Erfindung. Weit mehr als Öllampen, Kerzen und Gasleuchten vermochte sie den Tag in die Abendstunden hinein zu verlängern. Ihre kulturelle, wirtschaftliche und zivilisatorische Wirkung kann nicht genug betont werden. Die Glühbirne ist damit nicht nur im wörtlichen Sinn ein "Lucifer" – ein Lichtbringer. Sie hat ein neues Zeitalter – die Moderne – stark geprägt und ist nicht umsonst das Symbol für menschliche Innovationskraft: "Mir geht ein Licht auf" ist jedenfalls kein Satz, der mit einer Energiesparlampe in Verbindung gebracht wird. Die das Verbot begleitenden Umstände sind denn auch durchaus von einer gewissen Komplexität. Unbestreitbar weist die Glühbirne eine relativ kurze Lebensdauer von nur 1000 h auf. Es erscheint heute relativ gesichert, dass diese kurze Brenndauer schon 1924 durch ein mysteriöses "Phoebuskartell", ein Kartell der international führenden Glühlampenhersteller mit Sitz in Genf, verabredet wurde. Ich muss den Phoebus, die Mythologie, die kartellrechtliche Problematik der geplanten Obsoleszenz und den Umstand, dass Genf als Sitz des Kartells erwählt wurde hier leider auf der Seite lassen – und fortfahren. Die Glühlampe weist neben der kurzen Brenndauer auch eine äusserst schlechte Energieeffizienz im Betrieb auf, da sie 95% der eingesetzten Elektrizität in Wärme umwandelt. Die Lichtausbeute ist im Vergleich zur Kompaktleuchtstofflampe sehr gering. Dadurch macht die Energiesparlampe ihren höheren Anschaffungspreis sehr schnell wett, was sich auch anschaulich darstellen lässt. Die günstigen Betriebskosten wurden dem Konsumenten mit einigem Aufwand vermittelt, so mit der vorgeschriebenen Energiekennzeichnung oder mit Infobroschüren und Faktenblättern der Behörden. Der Lucifer der Moderne wird dadurch zum Satan des Zeitalters der Globalisierung und digitalen Revolution. Trotz der Verteufelung der Glühlampe ist der Konsument nicht auf die Energiesparlampe angesprungen und blieb den Verlockungen der Glühlampe erlegen. Dabei hätte er ja nicht nur viel Geld sparen, sondern angeblich auch Gutes für die Umwelt tun können. Der Verbraucher hat sich von den vielen Nudges, die ihn zum richtigen Verhalten lenken wollten, nicht beeindrucken lassen. Konfrontiert mit diesen persistent irrationalen Kaufentscheiden blieb dem Gesetzgeber nichts anderes übrig, als die Glühlampe zu verbieten. Doch ist der Konsument tatsächlich so uneinsichtig, dass er angesichts des tiefen Anschaffungspreises der Glühlampe die hohen Betriebskosten einfach ausblendet? Ist er tatsächlich nicht in der Lage, die Informationen auf der Verpackung der Glühlampe richtig zu interpretieren?
Meiner Ansicht nach wird der Konsument wird hier deutlich unterschätzt. Die Präferenzen der Konsumenten bilden sich aus mehr als nur monetären Faktoren. Unterstellt man dem Verbraucher eine robuste Rest-Rationalität, so kann man gut zum Schluss kommen, dass die eingesparten Energiekosten schlicht nicht ausreichend waren, um die Präferenzordnung des Konsumenten zu ändern. Hier angesprochen ist vor allem die Lichtqualität der Glühbirne. So hat die Glühlampe ein kontinuierliches Spektrum und weist entsprechend Licht in allen Wellenlängen auf. Das Licht ist deshalb farbechter und es gibt Stimmen, die das Glühlampenlicht deswegen auch als verträglicher ansehen als das Licht der Energiesparlampen mit ihren charakteristischen Spektrallinien. Gegenüber dem Tageslicht hat das Glühlampenlicht einen deutlichen Einschlag im roten Bereich, was sich an der Farbtemperatur zeigt. Beleuchtungstechniker schreiben dem roten Licht der Glühlampe eine entspannende Wirkung zu, da es dem Licht eines Sonnenuntergangs ähnelt. Dies wirke sich positiv auf das Wohlbefinden aus, vor allem weil wir dem Glühlampenlicht am Abend zu Hause ausgesetzt sind. Schliesslich flimmert die Glühlampe auch bei Einsatz unter Wechselstrom kaum, da der Glühdraht die Wärme speichert und auch im Nulldurchgang des Stroms noch Licht abstrahlt. Demgegenüber wird das Flimmern und Surren vor allem billiger Energiesparlampen häufig beklagt. Auch strahlt das Licht der Fluoreszenzlampe im Blaubereich, was anregend wirkt und einen Einsatz am Arbeitsplatz – und nicht zu Hause – nahe legt. Mittlerweile gibt es freilich auch Energiesparlampen, die warmes Licht verbreiten und die kaum noch flimmern. Das bedingt allerdings die Verwendung eines elektronischen Vorschaltgeräts. Die Glühlampe dagegen ist aus günstig verfügbaren und wenig umweltbelastenden Rohmaterialien herzustellen und weist keine elektronischen Bauteile auf. Sie ist ein klassisches Low-Tech-Produkt, das vor allem in Entwicklungsländern hergestellt wird.
In der öffentlichen Kommunikation der Behörden wurde diese und einige weitere Faktoren nicht sehr offensiv kommuniziert; man könnte auch sagen, diese Informationen wurden unterschlagen. Zumindest die Energiesparlampen der ersten Generationen waren qualitativ minderwertig. Ihr Licht strahlt fahl, wie eine Funzel. Es dauert lange, bis diese Lampen eine ansprechende Helligkeit erreichen. Die Schaltfestigkeit lässt zu wünschen übrig, wodurch insbesondere die versprochene Lebensdauer und Leuchtkraft schnell nicht mehr erreicht wird. Schliesslich ist die Sparlampe aufgrund der Verwendung von Elektronik und Quecksilber als Sondermüll zu entsorgen. Wird die Energiesparlampe wie die Glühlampe im Hausmüll entsorgt, was offenbar zu 55 bis 60% passiert, so verschlechtert sich ihre Umweltbilanz erheblich. Diesen unsympathischen Fakten wurde noch das Tüpfchen auf dem i aufgesetzt, als das Bundesamt für Gesundheit die Empfehlung veröffentlicht hat, einen Abstand von 30 cm von Energiesparlampen einzuhalten. Bei einem geringeren Abstand würden die elektromagnetischen Felder und das der Lampe entweichende UV-Licht den Körper zu stark bestrahlen.
Man kann heute klar sagen, dass die Energiesparlampe eine kaum akzeptable Brückentechnologie darstellt. Vermutlich wird der LED die – hoffentlich nicht allzu strahlende – Zukunft gehören. Ziviler Widerstand gegen das mittlerweile umgesetzte Verbot war allerdings kaum zu verzeichnen. Subversive Gruppen versuchen aber nach wie vor, dieses zu unterlaufen. Bekannt geworden sind 2 Ingenieure, die Glühlampen unter dem Namen "Heatballs" in die Schweiz einführen wollten. Sie deklarierten diese beim Zoll als äusserst effiziente Heizkörper der Klasse A. Ihre "Heatballs" würden 95% der eingesetzten Energie in Hitze umwandeln und nur 5% als Licht verschwenden. Das humorlose Bundesamt für Energie hat die Satire nicht erkannt, die da offen vor ihnen lag. Das Amt hat den beiden Initianten sogleich mit dem Strafrecht gedroht.
Rechtliche Umsetzung des Verbots
Zunächst ist festzuhalten, dass der formelle Gesetzgeber das Glühbirnenverbot nicht selbst beschlossen hat. Der Stimmbürger hatte also keine Gelegenheit, sich dazu zu äussern. Ich möchte die gesetzlichen Grundlagen nicht im Detail durchgehen und mich auf wenige bemerkenswerte Punkte beschränken. Art. 8 des Energiegesetzes in der ursprünglich verabschiedeten Fassung war vom Gedanken der Kooperation und der Subsidiarität förmlich getränkt: So war der Bundesrat zum Erlass von Vorschriften nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt. Verbrauchszielwerte für Geräte sollten primär vereinbart und nicht "von oben" verordnet werden; ohnehin waren Effizienzvorgaben auf Geräte beschränkt, die "in erheblichem Ausmass" Energie verbrauchen. Ferner war von marktwirtschaftlichen Instrumenten die Rede, was insgesamt einen Willen zur indirekten Steuerung erkennen lässt.
Art. 8 EnG wurde seither zweimal geändert: Der Erlass von Verbrauchszielwerten wurde im Zuge dieser Revisionen ausgedehnt auf "Geräte, die in erheblichem Ausmass Elektrizität verbrauchen, eine breite Anwendung finden und technisch ausgereift sind". Damit hat das Parlament die Kompetenzen des Bundesrates erheblich erweitert, ohne dass aber die Glühlampen gross ein Thema in den Räten gewesen wären. Die hier abgebildete, seit dem 1. Juli 2012 in Kraft stehende Vorschrift ist sichtlich ein Kind einer neuen Zeit. Das Primat liegt nun bei den hoheitlich steuernden Vorschriften. Die aus Sicht des Parlaments und des Bundesrates wenig wirksame kooperative Steuerung wurde aufgegeben. Die Effizienzvorgaben des europäischen Rechts sollen nun direkt übernommen werden können, ohne mit der Wirtschaft in Verhandlungen treten zu müssen. Die Energieeffizienz soll dadurch stärker gefördert und es soll rascher auf Änderungen reagiert werden können. Der Preis für diese Neuausrichtung der Energiepolitik ist freilich der Verzicht der Suche nach besserer Regulierung und der Verzicht auf die materielle Legitimation, die kooperativ erarbeitete Regeln vermitteln können.
Da sich das formelle Gesetz nicht explizit mit Glühlampen befasst, wenden wir uns der Verordnung zu. Art. 10 EnV verweist für die Anforderungen an das Inverkehrbringen von Geräten und Anlagen auf die Anhänge des Erlasses. Diese Anhänge wurden über die letzten Jahre in ihrer Zahl und ihrem Umfang stark erweitert. In ihrer ursprünglichen Fassung vom 7. Dezember 1998 hatte die Energieverordnung noch einen Umfang von 22 Seiten. 23 Revisionen später ist sie – in ihrer heutigen Fassung vom 1. April 2014 – stolze 162 Seiten lang. Auf diese häufigen und teilweise erheblichen Revisionen, die den Verfassungsgrundsatz der Rechtssicherheit ad absurdum führen, möchte ich nicht näher eingehen. Um beim Thema zu bleiben, springen wir weiter zu Anhang 2.3 der EnV i.d.F. vom 24. Juni 2009, auf den ja verwiesen wird und der das Verbot der Glühlampe im schweizerischen Recht verankert; auffällig ist die Verweisung auf das europäische Recht und die Anknüpfung des Verbots am "Inverkehrbringen". Der Begriff des "Inverkehrbringens" ist auslegungsbedürftig und wir dürfen feststellen, dass sich das Verbot von ineffizienten Glühlampen vor allem an die Hersteller und Händler richtet. In all den verschiedenen Fassungen der EnV war nie der Konsument der Adressat des Verbots. Vollzugstechnisch erklärt diese Lösung wohl die ausbleibenden Proteste der Zivilgesellschaft, denn sie verhindert, dass Polizisten Wohnungen stürmen, diese durchsuchen und die verbliebenen illegalen Glühlampen einsammeln müssen; rechtlich ist das natürlich elegant, denn das eigentliche Ziel des Verbots war ja vor allem das Ausmerzen der Glühlampen in den Privathaushalten. Durch die Anknüpfung am Händler wurden allerdings die in der Presse vielfach beschriebenen Hamsterkäufe ermöglicht. Wer heute noch Glühlampen vorrätig hat, kann diese weiter brennen lassen. Der Rekord der Brenndauer liegt bei stolzen 113 Jahren; so lange brennt nämlich die Glühlampe schon, die 1901 im Feuerwehrdepot der kalifornischen Ortschaft Livermore installiert wurde. Aber wir wollen nicht abschweifen und der erwähnten Verweisung der Energieverordnung auf das europäische Recht folgen, wodurch wir bei der Verordnung der Europäischen Kommission Nr. 244/2009 landen. Diese Verordnung regelt das gestaffelte Inkrafttreten des Glühlampen-Verbots auf 17 Seiten. Im Kern ist das Verbot in den abgebildeten zwei Tabellen in Anhang II der Verordnung enthalten. Die dort ersichtliche mathematische Formel legt die maximale Leistungsaufnahme einer Lampe abhängig vom Bemessungs-Lichtstrom Φ [Phi] fest, unter Berücksichtigung von Korrekturfaktoren und weiteren Betriebseigenschaften. Ohne fundierte physikalische Grundkenntnisse ist das Verbot nicht verständlich, doch richtet sich das Verbot ja auch nicht an den Bürger, sondern an Hersteller und Detailhandel. Vermutlich dürften neben den zuständigen Ämtern nur diese verstanden haben, was diese Formel konkret anstrebt. Für den Bürger muss das Verbot übersetzt werden, in Form von Merkblättern und Pressemitteilungen. Klar wird erst dann, dass die Effizienzformel der Europäischen Union just so ausgestaltet ist, dass sie von herkömmlichen Glühlampen nicht erfüllt werden kann. Ein verpöntes Technologieverbot wird so, wenn auch nur formal, vermieden.
Was sagt die Verfassung zur Glühlampe?
Legalitätsprinzip: Wir wollen uns nun fragen, was von dieser Rechtsetzungstechnik zu halten ist. Der Jurist wird sich beim Lesen der Verordnung Nr. 244/2009 schnell auf die bundesgerichtliche Formel besinnen, wonach ein Gesetz so präzise formuliert sein muss, dass der Bürger sein Verhalten danach einrichten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen kann. Das so zum Ausdruck gebrachte Legalitätsprinzip ist als zentraler Grundsatz des Verwaltungsrechts in Art. 5 BV verankert, leidet jedoch sichtlich unter der ausufernden Regelung immer komplexerer Sachverhalte. In unserem Fall ist aber nicht die fehlende Präzision des Rechtssatzes zu beklagen. Das Verbot ist ja geradezu mit mathematischer Präzision. Das Problem ist, dass das Verbot für den Bürger schlicht nicht verständlich ist. Natürlich richtet sich das Verbot vor allem an Hersteller und Händler und nicht an den gemeinen Bürger. Und selbstverständlich tolerieren wir in anderen Bereichen Regeln, die nur Fachleute verstehen; niemand wird beanstanden, dass die Kernenergieverordnung nicht besser die Unterschiede zwischen einer deterministischen Sicherheitsstatusanalyse und einer probabilistischen Sicherheitsanalyse erklärt. Im Gegensatz zur Kernenergieverordnung betrifft das Glühlampenverbot aber direkt unser aller Alltag, was eine klare Formulierung erfordern würde. Die Gesetze, so zumindest der Hintergrund von Art. 5 der Bundesverfassung, werden ja doch in erster Linie für den Bürger gemacht.
Unter dem Gesichtspunkt des Legalitätsprinzips fällt auf, das sich viele materielle Regelungen des Energierechts erst aus dem europäischen Recht ergeben, auf welches verwiesen wird. Auch diese Form der Rechtsetzung ist im Trend, erlaubt doch der Verweis sehr einfach die Herstellung der Europakompatibilität. Wie aber der Gesetzgebungsleitfaden des Bundesamtes für Justiz von 2007 zu Recht festhält, stellen sich "mit der integralen Verweisung auf Erlasse des europäischen Rechts […] Fragen der Souveränität, da auf das Recht eines anderen Hoheitsträgers verwiesen wird. An der Schaffung von Gemeinschaftsrecht ist die Schweiz weder beteiligt, noch ist dieses für unsere Rechtsordnung verbindlich." Die Herstellung der Europakompatibilität des schweizerischen Rechts kann also kein Selbstzweck sein, sondern hat der Verwirklichung verfassungsrechtlich legitimierter Ziele zu dienen. Gerade in einem Bereich wie hier steht die Sicherung des europäischen Marktzugangs nicht im Vordergrund, da es kaum Schweizer Glühlampenhersteller gibt. Die Übernahme des europäischen Rechts wäre darum vertiefter zu prüfen. Die unreflektierte Europäisierung des schweizerischen Rechts beeinträchtigt die Suche und Entdeckung "besserer" Regulierung und steht namentlich Experimenten mit neuen Regulierungsformen entgegen. Auch unterläuft die pauschale Übernahme europäischen Rechts die in der Schweiz üblichen Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Mitwirkung an der Erarbeitung von Regeln. Durchaus bedenkenswert erscheinen Stimmen in der Lehre, die die Übernahme von europäischem Recht oft als "unüberlegt" bezeichnen und dem Gesetzgeber vorwerfen, dass dieser "die Frage nach der politischen Sinnhaftigkeit und der legistischen Qualität von EU-Importen ausblendet" (Honsell).
Aus rechtlicher Sicht erscheinen diese Feststellungen zur gesetzlichen Grundlage vor allem dann heikel, wenn verfassungsmässige Rechte tangiert sind (Art. 164 Abs. 1 lit. b und c BV). Der Gesetzgeber müsste diesfalls der Ausformulierung der gesetzlichen Grundlagen besonderes Augenmerk widmen. Ein wenig unvermutet lässt sich jedoch aus den verfassungsmässigen Rechten – genauer den Freiheitsrechten – vorliegend wenig ableiten.
Die Wirtschaftsfreiheit schützt ihre Träger umfassend vor Eingriffen in die von ihnen ausgewählten privatwirtschaftlichen Tätigkeiten. Die Träger haben Anspruch auf Beibehaltung der gesetzlichen Ordnung, die diese Tätigkeiten ermöglicht. Ein Unternehmer bestimmt also grundsätzlich frei, welche Güter er produziert und welche sachlichen Mittel (Produktionsmittel) er dafür einsetzt. Damit gewährleistet die Wirtschaftsfreiheit auch das Recht zur Herstellung und zum Vertrieb einer Glühlampe. In diesem Zusammenhang darf daran erinnert werden, dass die wirtschaftliche Tätigkeit nicht unter einem allgemeinen Gemeinwohlvorbehalt steht. Die Verfassung folgt mit der Gewährleistung der Wirtschaftsfreiheit einem liberalen Grundverständnis, wonach private Initiative und die freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der Wirtschaft zugleich auch dem Interesse des Gemeinwohls dienen. Etwas im Widerspruch zu dieser liberalen Grundausrichtung steht allerdings die Begrenzung der Trägerschaft der Wirtschaftsfreiheit durch das Bundesgericht. Bei juristischen Personen dürfen sich nur solche mit Sitz in der Schweiz und den Staaten der EU und EFTA auf die Wirtschaftsfreiheit berufen. Die Glühlampe wird aber schon lange nicht mehr in Massen in diesen Ländern produziert. Vorliegend sind vor allem Hersteller in Schwellen- und Entwicklungsländern betroffen, die sich aufgrund ihrer Herkunft auf die Wirtschaftsfreiheit nicht berufen und gegen ein Verbot nicht wehren können. Die wesentlich komplexer herzustellende Kompaktleuchtstofflampe und die LED dagegen sind nach wie vor eine Domäne der heimischen Leuchtmittelhersteller. Diese Hersteller hatten aber ganz und gar keinen Grund, gegen eine rechtliche Förderung lukrativerer Geschäftsbereiche zu opponieren. "Rent seeking" wäre der Begriff, den Ökonomen hier verwenden würden. Auch bei den Detailhändlern gab es keine Anreize, gegen das Glühlampenverbot vorzugehen. Bei den Händlern ist jedoch unklar, inwieweit diese überhaupt ihrer Wirtschaftsfreiheit betroffen sind. Das Bundesgericht hat in jüngster Zeit eine Rechtsprechung eingeleitet, die den Schutz der Wirtschaftsfreiheit differenziert nach der jeweiligen Tätigkeitskategorie und nicht umfassend gewährt. Nach dieser Rechtsprechung, die meines Erachtens schwierige Abgrenzungsfragen aufwirft und abzulehnen ist, wären nur spezialisierte Glühlampenhändler durch das Verbot betroffen. Ein normaler Detailhändler ist dagegen durch das Verbot kaum tangiert, da er neben Glühlampen an die weitere 40'000 Produkte verkauft; seine Berufung auf die Wirtschaftsfreiheit stösst hier also allenfalls ins Leere.
Auf Seiten der Konsumenten ist festzuhalten, dass die Wirtschaftsfreiheit "dem Verbraucher keinen verfassungsmässigen Anspruch darauf [gibt], dass eine möglichst grosse Anzahl von Einkaufsgelegenheiten entsteht." Diese Rechtsprechung des Bundesgerichts hat mehrheitlich Kritik in der Lehre erfahren. Auch nach der hier vertretenen Auffassung ist es nicht sachgerecht, wenn Verbraucher konsumlenkende staatliche Massnahmen auf Verfassungskonformität prüfen lassen können. Dies zeigt sich geradezu exemplarisch in der vorliegenden Situation, wo die Händler und Hersteller keine Anreize zur Einlegung von Rechtsmitteln haben. Im Übrigen ist der Konsument auch in seiner Eigentumsgarantie nicht betroffen, weil er Glühlampen, die sich bereits in seinem Besitz befinden, weiter nutzen darf.
Angesichts dieser Ausgangslage könnten Konsumenten versuchen, über ihre persönliche Freiheit Rechtsschutz zu erhalten. Dieses Grundrecht schützt alle "elementaren Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung". Dazu gehört auch die freie Gestaltung der Lebensführung, also "das Recht, das Leben nach den eigenen Vorstellungen und ohne staatliche Einwirkung auf den individuellen Entscheidungsprozess einzurichten und zu führen." Geschützt sind aber nur "wesentliche" Ausdrucksmöglichkeiten der Persönlichkeit. Eine allgemeine Handlungsfreiheit, welche den Einzelnen gegen jegliche staatlichen Eingriffe in seine Lebensgestaltung schützt, gewährleistet der Anspruch auf persönliche Freiheit nicht. Die Rechtsprechung hat hier einige skurrile Beispiele hervorbracht. So haben sich die Gerichte schon mit der Freiheit des Windsurfing, des Verzichts auf Sicherheitsgurte im Strassenverkehr, des Konsums von Cannabis, des Haltens gefährlicher Hunde und Leoparden und der Freiheit zum Rauchen in öffentlichen Räumen befasst. Argumentativ bringt uns das kaum weiter. Insgesamt scheint kaum denkbar, dass Interventionen bei der Gestaltung der Innenbeleuchtung des Eigenheimes unter die persönliche Freiheit subsumiert werden könnten, auch wenn vor allem das Schlafzimmerlicht durchaus intime Bereiche der Lebensgestaltung beleuchtet. Der Konsument, der das eigentliche Ziel des Verbots der Glühlampe darstellt, ist also aus rein formalrechtlicher Sicht gar nicht betroffen.
Auf der Suche nach normativen Massstäben für das vorliegende Staatshandeln bleiben wir bei allgemeinen Grundsätzen hängen, wie sie etwa Art. 5 BV statuiert. Ausserhalb des grundrechtlich geschützten Bereichs misst das Bundesgericht diesen Grundsätzen als Schranke wenig Gewicht zu. Sodann besteht ja unbestreitbar ein öffentliches Interesse an einer sparsamen und rationellen Energienutzung, was durch Art. 89 Abs. 1 BV explizit zum Ausdruck gebracht wird. Ferner wären Energiesparmassnahmen ohnehin im Lichte der ambitionierten Ziele des Bundesrates zu beurteilen: Dieser strebt gegenüber dem Basisjahr 2000 eine Senkung des Elektrizitätsverbrauchs um 13 Prozent bis 2035 an. Dabei ist der Stromverbrauch letztes Jahr wie auch schon vorletztes Jahr um 0.6% gestiegen, was die Zielerreichung nicht einfacher macht. Zwar hat die UREK-N diese Verbrauchsziele aus dem Entwurf des Energiegesetzes gestrichen. Es kann jedoch kaum einen Zweifel geben, dass das hier vom Einzelnen verlangte Opfer – nämlich der Verzicht auf eine angenehme Innenbeleuchtung – aus rechtlicher Sicht hinter diese ambitionierten gesellschaftlichen Ziele zurücktreten muss. Im Gegenteil sind weitergehende Massnahmen zu erwarten; jedenfalls setzt der Bundesrat bei seiner Energiestrategie "in erster Linie auf eine konsequente Erschliessung der vorhandenen Energieeffizienzpotenziale". Die Effizienzvorschriften sollen demnach auf weitere Gerätekategorien ausgeweitet und periodisch dem technischen Fortschritt angepasst werden. Es ist davon auszugehen, dass sich all diese konkreten Massnahmen im Bereich Energieeffizienz nicht anhand der doch sehr abstrakten Grundsätze von Art. 5 BV prüfen lassen.
Vielmehr ist festzustellen, dass es für die rechtliche Beurteilung der Effizienzmassnahmen der Energiestrategie 2050 nicht nur an normativen Massstäben fehlt, sondern dass auch die bestehenden Schutznormen über eine zu geringe Reichweite verfügen, um die effektiv vorhandenen Betroffenheiten abzudecken. Diese Feststellung lässt sich verallgemeinern: Es erscheint jedenfalls erstaunlich, dass eines der grössten gesellschaftlichen Umbauprojekte der modernen Schweiz fast gänzlich im Belieben des Gesetz- und vor allem auch des Verordnungsgebers stehen soll.
Schlussfolgerungen
Ich komme damit zu meinen Schlussfolgerungen, die ich unter dem Schlagwort "soziale Akzeptanz" darlegen möchte, ohne dass ich den Bezug zur sozialwissenschaftlichen Akzeptanzforschung schon vollständig herstellen:
1. Legitimation: Nach Ansicht des Bundesrates sind die Massnahmen der Energiestrategie 2050 – von A wie Atomausstieg bis Z wie Zertifikate – allesamt im geltenden Verfassungsrahmen möglich. Konflikte bestehen danach weder bei den Kompetenzen, noch bei den Grundrechten, noch gegenüber dem kantonalen Recht. In der Lehre wurde diese Feststellung vereinzelt schon kritisch thematisiert. Auch meiner Ansicht nach kann die Energiestrategie allein von ihrer Tragweite her durchaus als materielle Verfassungsrevision gesehen werden, die entsprechend auch formell als solche von Volk und Ständen abzusegnen wäre. Es ist mir eigentlich unverständlich, wieso der legitimierende Schritt der Verfassungsreform vorliegend nicht beschritten wird. Der Bundesrat nimmt dadurch in Kauf, dass die seine Energiestrategie 2050 schon bald im Morast politischer Grabenkämpfe steckenbleibt.
2. Umgang mit Zielkonflikten: Energiepolitische Zielkonflikte sind schon in Art. 89 Abs. 1 BV und anderen Verfassungsnormen angelegt. Diese Zielkonflikte werden sich im Rahmen der Energiestrategie 2050 stark akzentuieren und konkretisieren. So wird der Wunsch nach Ausbau erneuerbarer Energieerzeugungsanlagen unweigerlich mit dem Natur- und Heimatschutz – nach der heutigen Konzeption – kollidieren; Energieeffizienzmassnahmen werden allenfalls auf Verbraucherseite zu Einbussen führen, sei es im Wohlstand oder nur in einer wie auch immer gearteten, bequemen Lebensführung. Traditionell versucht das Recht, solche Zielkonflikte nicht beiseite zu wischen, sondern einen Ausgleich herzustellen, der die involvierten Ziele möglichst weit zum Tragen bringt ("Praktische Konkordanz"). In jüngerer Zeit tendieren der Gesetzgeber und nun auch der Bundesrat mit seinen Vorschlägen dazu, über solche Zielkonflikte zugunsten ihrer politischen Agenda hinwegzugehen. Wie ich in diesem Vortrag angedeutet habe, kommt es dabei nicht zwangsläufig zu besseren Resultaten. Natürlich können Zielkonflikte meist nicht abstrakt aufgelöst werden, sondern erst im konkreten Anwendungsfall. Dafür sind aber allenfalls neue Partizipationsformen zu suchen, die nicht nur Experten und Interessengruppen offen stehen und die auch gesellschaftliche Minderheitspositionen angemessen berücksichtigen. Menschen folgen jeweils unterschiedlichen Bündeln von Werten, die vermutlich schon bei jedem Einzelnen nicht harmonisch zueinander stehen und sich jeweils widersprechen. Die Komplexität der individuellen und gesellschaftlichen Präferenzordnungen mahnt zur Vorsicht, wenn den Konsumenten ein Produkt per Regulierung aufgezwungen werden soll, das zuvor am Markt kläglich gescheitert ist. Dass der Gesetzgeber den Konsumenten die Energiesparlampe dennoch aufgedrückt hat und dies vor allem mit der günstigeren Gesamtkostenrechnung gerechtfertigt hat, zeigt seine verkürzte Sicht deutlich auf. Der Gesetzgeber gefährdet damit die soziale Akzeptanz seiner Energiestrategie insgesamt.
3. Subsidiarität: In meinem Vortrag habe ich den Umstand angesprochen, dass der Gesetzgeber im Energierecht zunehmend zentralisiert und direkt steuert. Leicht geht hier vergessen, dass viele neue Impulse der Energiepolitik zunächst lokalen und regionalen Initiativen, u.a. auch in der Wirtschaft, entsprungen sind. Der Bürger zeigt auf lokaler und kantonaler Stufe immer wieder, dass er bereit ist, energiepolitische Reformen zu stützen, selbst wenn sich diese negativ auf sein Portemonnaie auswirken. Die Energiestrategie 2050 strotzt dennoch vor einer gewissen Freude an zentraler Koordination. Damit vergibt der Gesetzgeber Chancen für Experimente und allenfalls bessere Ergebnisse.
4. Lastengleichheit: Die Lasten der Energiewende sind so zu verteilen, dass alle gleichermassen Beiträge leisten. Besondere Regelungen für sog. energieintensive Wirtschaftszweige werden heute vor allem im Ausland kritischer geprüft, in der Schweiz aber wenig thematisiert. Dies betrifft z.B. Ausnahmen von Effizienzmassnahmen, Befreiungen von Energieabgaben (CO2-Abgabe) und Rückerstattungen des Netznutzungszuschlags. Was im Umweltrecht als "Lastengleichheit" und im Steuerrecht als "Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung" seinen Ausdruck gefunden hat, erscheint prinzipiell durchaus auf die Energiewende übertragbar. Finanzielle und ideelle Lasten dürfen nicht nur den Haushalten auferlegt werden.
5. Rolle rechtlicher Institute: Es besteht eine gewisse Tendenz, das Recht als blossen Erfüllungsgehilfen von rein technisch-rationalistischen und szientistischen Regelungsmodellen zu sehen. Dies gilt auch für dieses "erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050". Das Recht verfügt jedoch seit jeher über Mechanismen der Partizipation und des Interessenausgleichs, die gerade hier Wertbeiträge über die handwerkliche Normierung von Politikvorstellungen liefern könnten. Die Politik schlägt diese Wertbeiträge aus und droht teilweise über tradierte Rechtsinstitute hinwegzugehen. Mag sein, dass dies den geplanten Umbauprozess beschleunigt. Mag auch sein, dass verschiedene Rechtsinstitute durchaus optimiert werden könnten. Es ist aber gleichzeitig sehr wahrscheinlich, dass die Respektierung rechtlicher Institute die inhaltliche Qualität und gesellschaftliche Akzeptanz dieses Projekts erhöht. Dies aufzuzeigen, scheint mir eine wesentliche Aufgabe des Juristen.