Der Zürcher Kantonsrat hat sich diese Woche intensiv mit seiner Kantonalbank befasst. Er entscheidet über die Aufstockung des Eigenkapitals der Bank, die Begrenzung und Abgeltung der Staatsgarantie, die Löhne des Bankrats und die Befugnis zur Beschaffung von privatem Kapital mittels Partizipationsscheinen. Die Debatte war grundsätzlicher Natur und wird voraussichtlich erst kommenden Montag abgeschlossen.
Die unterschiedlichen politischen Positionen, die teilweise erheblich von ökonomischen Empfehlungen abweichen (siehe z.B. die Beiträge von Urs Birchler im Blog batz.ch), werfen die Frage auf, ob der Kantonsrat ein geeignetes Organ ist, um über diese sehr technischen Fragen zu befinden. Gleichzeitig kann freilich einzig der Kantonsrat mit genügender Legitimation diese Fragen entscheiden. Es geht ja nicht nur um die strategische Ausrichtung der Kantonalbank, sondern auch darum, dass ihr Untergang den Steuerzahler empfindlich treffen würde. Bei dieser Ausgangslage stellt sich die Frage, wieso ein Kanton überhaupt auf die Idee kommen kann, eine eigene Bank zu betreiben, noch dazu eine systemrelevante Bank?
Art. 98 Abs. 1 Satz 2 Bundesverfassung anerkennt implizit die Befugnis der Kantone, Banken zu gründen und zu betreiben. Was eine Kantonalbank ist, definiert die Verfassung nicht. Begriffswesentlich ist heute die Beteiligung des Kantons an Kapital und Stimmrechten von mehr als einem Drittel (Art. 3a BankG). Die Staatsgarantie ist kein Merkmal mehr (so noch Art. 3 Abs. 4 BankG i.d.F. vom 8.11.1934, aufgehoben durch Gesetz vom 18.3.1994), sodass darauf verzichtet werden könnte. Allerdings würde die Pflicht zur Stützung der Bank wohl implizit weiter bestehen. Der rechtliche Haftungsausschluss hält bei vielen öffentlichen Unternehmen den politischen Realitäten nicht stand.
Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand muss sodann durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt sein (Art. 5 Abs. 2 BV). Das öffentliche Interesse steht nicht in Art. 98 BV, sondern ist als Leistungsauftrag durch den jeweiligen Kanton zu definieren. Dieser Leistungsauftrag umfasst in der Regel die zinsgünstige Kreditgewährung an besonders verwundbare Akteure (z.B. § 2 ZKB-Gesetz: "Dabei berücksichtigt sie insbesondere die Anliegen der kleinen und mittleren Unternehmungen, der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer, der Landwirtschaft und der öffentlichrechtlichen Körperschaften. Sie fördert das Wohneigentum und den preisgünstigen Wohnungsbau."). Der Leistungsauftrag impliziert eine ursprünglich volkswirtschaftliche und soziale Zielsetzung (einen "wohlfahrtsstaatlichen Zweck").
Davon ist meist nur noch wenig zu spüren. Viele Kantonalbanken – auch die ZKB – haben sich heute zu gewöhnlichen Universalbanken entwickelt. Diese Entwicklung deutet auf eine zunehmend finanzielle Motivation zum Betrieb der Kantonalbanken hin (BGE 120 II 321 E. 2d, 326; BGer 2A.254/2000, E. 3a). Rein finanzielle Gründe reichen zur Rechtfertigung einer unternehmerischen Tätigkeit des Staates aber nicht aus. Finanzielle Gründe rechtfertigen auch nicht die Risiken für den Steuerzahler, die das Bankgeschäft immer mit sich bringen wird. Dies führt zwangsläufig zur Forderung nach einer Privatisierung der Kantonalbanken. Damit würde auch der sichtlich überforderte Kantonsrat von der Beantwortung schwieriger Fragen entlastet.