Die Finanzmarktaufsichtsbehörde Finma hat die UBS per Verfügung verpflichtet, die risikogewichteten Aktiven für operationelle Risiken
um CHF 28 Mrd. auf neu CHF 83 Mrd. zu erhöhen. Dadurch reduziert sich nicht nur die Kernkapitalquote der UBS signifikant. Beeinträchtigt scheint auch die Fähigkeit der UBS zur Ausschüttung von Dividenden. Nun berichtet die NZZ gestern, dass sich die UBS in diesem Prozess unfair behandelt fühlt. Auffällig ist dabei, dass die UBS diese Klage nicht vor einem (Bundesverwaltungs-)Richter, sondern vor der schweizerischen Öffentlichkeit vorbringt. Ein Rechtsmittel ergreift die UBS offenbar nicht. Weiter fällt auf, dass die UBS auch schon viel dickere Kröten widerstandslos geschluckt hat, vor allem die präzedenzlosen Einschränkungen für ihre Investmentbank im Nachgang zur Adoboli-Affäre.
Im Gegensatz zu den anderen regulierten Sektoren der Wirtschaft haben sich die Finanzmarktteilnehmer nicht dazu durchgerungen, Verfügungen ihrer Aufsichtsbehörde immer wieder auch vor Gericht zu hinterfragen. Die Gerichtspraxis im Finanzmarktaufsichtsrecht betrifft leider vor allem betrügerische Fälle, wo scharfe Aufsichtsmassnahmen als gerechtfertigt erscheinen. Der respektable Teil der Finanzinstitute sucht die gerichtliche Kontrolle dagegen nicht. Dies führt dazu, dass Aufsichtsmassnahmen heute teilweise mit einfachem Brief angeordnet werden. Die Institute verlangen eine förmliche Verfügung gar nicht. Eine Anfechtung scheint von vornherein keine Handlungsoption zu sein. Die Finma kann es sich daher heute leisten, Aufsichtsmassnahmen auch dann anzuordnen, wenn sie sich in punkto gesetzliche Grundlage auf äusserst dünnem Eis befindet. Im Zusammenhang mit der Gewährsklausel wurde dies vom Kollegen Felix Uhlmann zu Recht schon angeprangert, allerdings auch in der Presse, und nicht vor Gericht.
Die Leitungsorgane vieler Finanzinstitute haben zwar erkannt, dass die "goldenen Zeiten" der kooperativen Aufsicht vorbei sind. Das Klima zwischen Finma und den Banken ist rauher geworden und von Misstrauen geprägt. Dennoch nehmen die Finanzinstitute nicht eine konfrontativere Haltung gegenüber der Finma ein. Sie haben Angst vor "Repressalien" in anderen Bereichen, wo die Kooperation heute noch funktioniert. Die Erfahrung in anderen regulierten Sektoren zeigt jedoch, dass die Anfechtung einzelner Aufsichtsmassnahmen nicht zum vollständigen Zusammenbruch der Kooperation mit dem Regulator führt. Dafür ermöglicht eine vermehrte Anfechtung von Aufsichtsentscheiden eine Rückbindung der Aufsichtstätigkeit auf ihre gesetzliche Grundlagen. Damit wird wohl auch eine rechtsstaatlichere Aufsicht gewährleistet. Die Gerichte bilden in diesem Zusammenhang ein wichtiges Qualitätssicherungsinstrument (Marc Steiner). Diese Qualitätssicherung ist eine bescheidene Investition in Rechtsmittelverfahren wert.