Diesen Montag durften wir Zeuge eines gekonnten politischen Geplänkels werden. "Gekonnt", weil die beiden Antagonisten sich fast die ganze Woche in der Presse halten konnten. "Politisch", weil das Geplänkel keine Sieger, keine Verlierer und keine Folgen zeigen wird. Am Montag eröffnete SP-Parteichef Christian Levrat im Blick das Drama, indem er einen Bundesrat aufgrund dessen angeblich fehlgeleiteten Industriepolitik als "Johann Schneider-en-panne" bezeichnete. Der so Beleidigte wehrt sich freilich, bald sekundiert von weiteren Protagonisten auf beiden Seiten. Mittlerweile scheinen sich die Wogen geglättet zu haben.
Der angegriffene Bundesrat macht geltend, dass er bei der Kurzarbeit Anpassungen vorgenommen und die Bürokratie reduziert habe; letzte Woche habe die Regierung zudem Subventionen von CHF 60 Millionen für die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) sowie CHF 320 Millionen für den Tourismus genehmigt. Damit haben die Vorschläge der beiden Gegenspieler trotz der unterschiedlichen Stossrichtung sogar eine Gemeinsamkeit: Sie generieren potenziell schöne Bilder für die Zeitung, die Botschaft untermauernd: "Wir tun was". Nicht umsonst ist das Bundesratsfoto für 2016 an einem industriellen Werkplatz und nicht mehr im gemütlichen Café geschossen worden.
Ein Ablenkungsmanöver ist das Geplänkel diese Woche deswegen, weil ansonsten zum Thema Wirtschaftspolitik wenig (sichtbare) Aktivität zu verzeichnen ist. Die am Mittwoch stolz vermeldeten "Fortschritte bei der Reduktion von Regulierungskosten" sind doch arg zaghaft. Zum unsäglichen Thema Arbeitszeiterfassung für Topmanager etc. (so schon Blog hier) sind (nur) parlamentarische Vorstösse auf dem Tisch; bis zu allfälligen Gesetzesänderungen werden Jahre vergehen. Insgesamt scheint das Parlament immer noch von einem Fahrplan getrieben, der vor allem von der Verwaltung bestimmt wird. Von einer "bürgerlichen Wende" ist noch wenig zu spüren - vielleicht ist es dafür noch zu früh. Dass sich die neue Mehrheit grundsätzliche Gedanken machen würde, was sie in den kommenden vier Jahren in Bezug auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen erreichen möchte, ist jedenfalls für den Aussenstehenden nicht ersichtlich (siehe schon Blog hier).
St.Gallen, 26. Februar 2016