Das Undenkbare ist am Montag beim "Perfekten Dinner" (Vox, Werktags 19 Uhr) passiert: Mirco aus Köln vergibt für das Essen des ersten Abends null Punkte! Ein noch nie dagewesener, äusserst unhöflicher Vorgang. Man kann sich freilich fragen, wieso solches nicht häufiger passiert: Auf demselben Sender läuft auch "4 Hochzeiten und eine Traumreise" (Vox, Werktags 16 Uhr). Hier zeigen die heiratswilligen Paare regelmässig keine Hemmungen, sich gegenseitig und ihre Hochzeiten schlecht zu machen - und zwar für eine Reise in die Flitterwochen sowie 1000 € Taschengeld. Offenbar hängt es von der "Sendungskultur" ab, ob sich die Teilnehmer kooperativ verhalten oder das Leben schwer machen.
Politiker mögen hier Regelungsbedarf erkennen. Es bedarf jedoch keines Spieltheoretikers um zu erkennen, dass Mircos kurzfristiger "Gewinn" rasch durch soziale Sanktionen kompensiert werden könnte. Mit anderen Worten: Wer will schon mit einer fiesen Person befreundet sein? So zeigt sich auch in Vorlesungen, dass Studenten im "Ultimatum-Spiel" auf kurzfristige Gewinne zugunsten langfristiger Reputationseffekte verzichten (@Kritiker unserer Institution: selbst St.Galler Studenten!). Dass es hier nur wenige Ausreisser gibt, hat auch sehr erfreuliche Auswirkungen auf die Regelbildung und die staatliche Aufsicht. Dabei ist, wie das Verwaltungsgericht Bern in einem der wenigen Gerichtsurteile zu diesem Problemkreis festgestellt hat, ganz grundsätzlich davon auszugehen, dass sich die Menschen an das anwendbare Recht halten (Urteil vom 30. Juni 2003). Für die anderen gibt es das Strafrecht oder eben - wie im Falle von Mirco - die gesellschaftliche Ächtung.
St.Gallen, 24. Februar 2017