Die Debatte um das Budget 2015 hat grössere Erfolge für die Bauern hervorgebracht. Der Voranschlag 2015 des Bundersates sah für "Landwirtschaft und Ernährung" insgesamt CHF 3,586 Mrd. vor (CHF 3'586'000'000 - eindrücklich, wenn man die Nullen ausschreibt); das wären CHF 133 Mio. weniger gewesen als im Voranschlag 2014. Der Nationalrat hat nun den grössten Teil dieser Kürzungen rückgängig gemacht und insbesondere die Direktzahlungen (+CHF 84 Mio.) und die Ausfuhrbeihilfen (+CHF 12 Mio.) wieder aufgestockt. Bei Letzteren hat man sich dann mit dem Ständerat in einem sprichwörtlichen Kuhhandel geeinigt.
Die abstrakten Zahlen gewinnen an Aussagekraft, wenn man sie mit dem Agrarbericht abgleicht, den das Bundesamt für Landwirtschaft jedes Jahr verfasst (Zahlen 2013):
- Es gibt noch 55'207 landwirtschaftliche Betriebe (und immer noch 16'747 Betriebe im - aus meiner Sicht - nicht lebensfähigen Bereich von bis 10ha). Das Budget würde es erlauben, jedem Betrieb knapp CHF 65'000 direkt auszuzahlen.
- Die Landwirtschaft beschäftigt 158'919 Personen. Entsprechend könnte jedem Beschäftigten CHF 22'500 bar auf die Hand gezahlt werden.
- Die Landwirtschaft trägt mit einer Bruttowertschöpfung von CHF 4,341 Mia. mit 0,7% Anteil zur Gesamtwirtschaft bei (Total CHF 614,153 Mia.), nimmt aber 5,3% der Ausgaben für sich in Anspruch. Die geplanten Staatsausgaben erreichen 82% der erzielten Wertschöpfung in diesem Bereich.
Gemäss OECD machen die Transferleistungen von Konsumenten und Steuerzahlern knapp die Hälfte der Bruttoerträge der schweizerischen Landwirtschaft aus. Die Preise für landwirtschaftliche Produkte in der Schweiz liegen weit über dem Niveau der Nachbarstaaten bzw. dem internationalen Niveau. Dies ist sowohl Folge eines rigiden Grenzschutzes als auch Resultat eines Regulierungssystems, dass den Schweizer Agrarsektor mit tausenden Seiten Gesetzes- und Verordnungstext, Richtlinien, Vollzugshilfen und Berichten feinsteuert. Angesichts dieser engen Verzahnung von Staat und Landwirtschaft geht leicht vergessen, wieso überhaupt so stark in den Bereich eingegriffen wird.
Der schamlos geführte Kampf um knappe Finanzmittel lässt die Förderung der Landwirtschaft heute als reinen Selbstzweck erscheinen. Die Subventionierung der Bauern erfolgt offenbar relativ lösgelöst von den Leistungen, die von der Landwirtschaft verfassungsrechtlich erwartet werden: Eine sichere Versorgung, eine Erhaltung der Lebensgrundlagen, eine Pflege der Kulturlandschaft sowie einen Beitrag zur dezentralen Besiedlung. Zu diesen Verfassungszielen leistet die Schweizer Landwirtschaft heute beachtliche, aber nicht gerade überragende Beiträge. Wer hohe Forderungen stellt, müsste auch entsprechend zu leisten bereit sein.
St.Gallen, 12. Dezember 2014